02. November 2012, 13:11 Uhr
Liste der Regulierer - Die gefährlichsten Banken der Welt
Von Stefan Kaiser
Sie sind die tickenden Zeitbomben des Finanzsystems: 28 Banken weltweit gelten laut einem Bericht des Finanzstabilitätsrats als so gefährlich, dass ihre Pleite globale Schockwellen auslösen könnte. Weit oben auf der Liste steht die Deutsche Bank.
Hamburg - Was passieren kann, wenn eine Großbank pleitegeht, erlebte die Welt 2008: Damals rutschte die amerikanische Investmentbank Lehman Brothers in die Insolvenz - und stürzte damit das globale Finanzsystem ins Chaos. Nur die gigantischen Rettungsaktionen von Staaten und Notenbanken verhinderten den kompletten Zusammenbruch. Die Steuerzahler mussten mit Milliardensummen haften.
Eine Finanzkatastrophe, die sich nicht wiederholen darf, schworen sich die Staats- und Regierungschefs der G-20-Staaten 2009 - und beauftragten den sogenannten Finanzstabilitätsrat (FSB) aus Notenbankern und Aufsehern mit Reformen. Ein Teil davon ist bereits beschlossen. Ab 2013 sollen alle Banken weltweit mehr Eigenkapital vorhalten, das im Fall von Krisen als Puffer gegen die Pleite dient. Sie sollen ihre sogenannte Kernkapitalquote bis 2019 schrittweise von mindestens zwei Prozent auf mindestens 7,5 Prozent erhöhen.
Zum sogenannten harten Kernkapital zählen dabei Aktienkapital und einbehaltene Gewinne. Die Quote errechnet sich aus dem Verhältnis des Kernkapitals zu den sogenannten risikogewichteten Aktiva, also den Wertpapieren und Krediten in der Bilanz der jeweiligen Bank.
Doch für die größten der Großbanken sind 7,5 Prozent wahrscheinlich nicht genug. Sie könnten in einer Krise immer noch leicht pleitegehen. Deshalb hat der Finanzstabilitätsrat nun eine Liste mit 28 Finanzkonzernen veröffentlicht, die zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen treffen müssen - und diese Liste in vier Stufen unterteilt.
Ganz oben mit dabei ist die Deutsche Bank . Sie wird zusammen mit Citigroup , HSBC und JP Morgan Chase im sogenannten Korb 4 geführt - Banken dieser Kategorie gelten als besonders systemrelevant, sie sollen deshalb ab 2016 einen zusätzlichen Eigenkapitalpuffer von 2,5 Prozent vorhalten. Statt sieben Prozent, wie kleinere Banken, müssen sie ab 2019 also mindestens 9,5 Prozent Eigenkapital vorhalten.
Die Liste wird von den angelsächsischen Instituten angeführt. In den drei höchsten Kategorien stammen neun der 14 Institute aus den USA oder Großbritannien. Das unterstreicht die weltweite Dominanz der Finanzplätze New York und London. Aus Deutschland ist außer der Deutschen Bank kein weiteres Institut dabei. Die Commerzbank fiel aus der Liste raus.
Um zu bestimmen, wer wie systemrelevant ist, haben die Aufseher fünf Kriterien aufgestellt:
Die Liste ist zwar bindend, ihre Zusammensetzung aber nicht in Stein gemeißelt. Bis die Kapitalregeln in Kraft treten, kann sich daran noch einiges ändern. Banken können schrumpfen oder wachsen. Erst Ende 2014 wird die fertige Liste festgelegt. Aber auch dann wollen die Aufseher die Zusammensetzung einmal jährlich überprüfen und damit Anreize für die Banken schaffen, riskante Geschäfte zu verringern. Sollte eine Bank in die entgegengesetzte Richtung gehen und noch stärker wachsen, haben die Regulierer noch ein Drohmittel in der Hand: Sie können die Institute in einen bisher leeren fünften Korb einordnen, in dem dann ein Eigenkapitalaufschlag von 3,5 Prozent verlangt würde.
Für die Banken ist es teuer, solch hohe Eigenkapitalquoten vorzuhalten. Sie müssen Gewinne einbehalten und eventuell die Aktionäre um Kapitalerhöhungen bitten. Wenn der Gewinn nicht gleichzeitig steigt, sinkt die Rendite auf das Eigenkapital. Andererseits achten Investoren seit der Finanzkrise oft weniger auf die Rendite und stärker auf die Eigenkapitalquote: Höhere Sicherheit ist zu einem Wettbewerbsvorteil geworden.
Auffällig ist, dass die Aufseher vor allem sogenannte Universalbanken oben auf der Liste führen - also solche Institute, die ein großes Privatkundengeschäft und zugleich eine Investmentbankingsparte mit einem umfassenden Kapitalmarktgeschäft betreiben. Reine Investmentbanken wie die US-Institute Goldman Sachs und Morgan Stanley tauchen erst weiter unten auf. Lehman Brothers hätte übrigens nicht auf der Liste gestanden.
Dahinter steckt der Gedanke, dass normale Sparer von der Pleite einer Investmentbank weniger stark betroffen sind. Folgen für das Finanzsystem kann ein solches Ereignis bekanntlich trotzdem haben.
URL:
Mehr auf SPIEGEL ONLINE:
© SPIEGEL ONLINE 2012
Alle Rechte vorbehalten
Liste der Regulierer - Die gefährlichsten Banken der Welt
Von Stefan Kaiser
Sie sind die tickenden Zeitbomben des Finanzsystems: 28 Banken weltweit gelten laut einem Bericht des Finanzstabilitätsrats als so gefährlich, dass ihre Pleite globale Schockwellen auslösen könnte. Weit oben auf der Liste steht die Deutsche Bank.
Hamburg - Was passieren kann, wenn eine Großbank pleitegeht, erlebte die Welt 2008: Damals rutschte die amerikanische Investmentbank Lehman Brothers in die Insolvenz - und stürzte damit das globale Finanzsystem ins Chaos. Nur die gigantischen Rettungsaktionen von Staaten und Notenbanken verhinderten den kompletten Zusammenbruch. Die Steuerzahler mussten mit Milliardensummen haften.
Eine Finanzkatastrophe, die sich nicht wiederholen darf, schworen sich die Staats- und Regierungschefs der G-20-Staaten 2009 - und beauftragten den sogenannten Finanzstabilitätsrat (FSB) aus Notenbankern und Aufsehern mit Reformen. Ein Teil davon ist bereits beschlossen. Ab 2013 sollen alle Banken weltweit mehr Eigenkapital vorhalten, das im Fall von Krisen als Puffer gegen die Pleite dient. Sie sollen ihre sogenannte Kernkapitalquote bis 2019 schrittweise von mindestens zwei Prozent auf mindestens 7,5 Prozent erhöhen.
Zum sogenannten harten Kernkapital zählen dabei Aktienkapital und einbehaltene Gewinne. Die Quote errechnet sich aus dem Verhältnis des Kernkapitals zu den sogenannten risikogewichteten Aktiva, also den Wertpapieren und Krediten in der Bilanz der jeweiligen Bank.
Doch für die größten der Großbanken sind 7,5 Prozent wahrscheinlich nicht genug. Sie könnten in einer Krise immer noch leicht pleitegehen. Deshalb hat der Finanzstabilitätsrat nun eine Liste mit 28 Finanzkonzernen veröffentlicht, die zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen treffen müssen - und diese Liste in vier Stufen unterteilt.
Ganz oben mit dabei ist die Deutsche Bank . Sie wird zusammen mit Citigroup , HSBC und JP Morgan Chase im sogenannten Korb 4 geführt - Banken dieser Kategorie gelten als besonders systemrelevant, sie sollen deshalb ab 2016 einen zusätzlichen Eigenkapitalpuffer von 2,5 Prozent vorhalten. Statt sieben Prozent, wie kleinere Banken, müssen sie ab 2019 also mindestens 9,5 Prozent Eigenkapital vorhalten.
Die Liste wird von den angelsächsischen Instituten angeführt. In den drei höchsten Kategorien stammen neun der 14 Institute aus den USA oder Großbritannien. Das unterstreicht die weltweite Dominanz der Finanzplätze New York und London. Aus Deutschland ist außer der Deutschen Bank kein weiteres Institut dabei. Die Commerzbank fiel aus der Liste raus.
Um zu bestimmen, wer wie systemrelevant ist, haben die Aufseher fünf Kriterien aufgestellt:
- die Größe der Bank, gemessen an ihrem Verschuldungsgrad
- die Vernetzung mit anderen Finanzinstituten
- die Internationalität der Bank, gemessen an grenzüberschreitenden Forderungen und Verbindlichkeiten
- die Komplexität des Geschäfts, gemessen an der Größe des Eigenhandels sowie am Bestand an unregulierten Derivaten und Papieren ohne Marktwert
- die Rolle der Bank im Finanzsystem und ihre Ersetzbarkeit durch andere Institute
Die Liste ist zwar bindend, ihre Zusammensetzung aber nicht in Stein gemeißelt. Bis die Kapitalregeln in Kraft treten, kann sich daran noch einiges ändern. Banken können schrumpfen oder wachsen. Erst Ende 2014 wird die fertige Liste festgelegt. Aber auch dann wollen die Aufseher die Zusammensetzung einmal jährlich überprüfen und damit Anreize für die Banken schaffen, riskante Geschäfte zu verringern. Sollte eine Bank in die entgegengesetzte Richtung gehen und noch stärker wachsen, haben die Regulierer noch ein Drohmittel in der Hand: Sie können die Institute in einen bisher leeren fünften Korb einordnen, in dem dann ein Eigenkapitalaufschlag von 3,5 Prozent verlangt würde.
Für die Banken ist es teuer, solch hohe Eigenkapitalquoten vorzuhalten. Sie müssen Gewinne einbehalten und eventuell die Aktionäre um Kapitalerhöhungen bitten. Wenn der Gewinn nicht gleichzeitig steigt, sinkt die Rendite auf das Eigenkapital. Andererseits achten Investoren seit der Finanzkrise oft weniger auf die Rendite und stärker auf die Eigenkapitalquote: Höhere Sicherheit ist zu einem Wettbewerbsvorteil geworden.
Auffällig ist, dass die Aufseher vor allem sogenannte Universalbanken oben auf der Liste führen - also solche Institute, die ein großes Privatkundengeschäft und zugleich eine Investmentbankingsparte mit einem umfassenden Kapitalmarktgeschäft betreiben. Reine Investmentbanken wie die US-Institute Goldman Sachs und Morgan Stanley tauchen erst weiter unten auf. Lehman Brothers hätte übrigens nicht auf der Liste gestanden.
Dahinter steckt der Gedanke, dass normale Sparer von der Pleite einer Investmentbank weniger stark betroffen sind. Folgen für das Finanzsystem kann ein solches Ereignis bekanntlich trotzdem haben.
URL:
- http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/liste-die-gefaehrlichsten-banken-der-welt-a-864946.html
Mehr auf SPIEGEL ONLINE:
- Too-big-to-fail-Status Deutsche Bank soll sich gegen Krisen wappnen (01.11.2012)
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,864855,00.html - Deutsche Bank Ackermanns Intimfeind Börsig kehrt zurück (30.10.2012)
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,864344,00.html - Analystenstudie Deutsche Bank soll Investmentbanking abstoßen (29.10.2012)
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,864091,00.html - Lehren aus der Lehman-Pleite Wie die Finanzwelt die Politik erpresst (14.09.2011)
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,785824,00.html - Kampf gegen Finanz-Crash Deutscher Bank drohen strenge Kapitalregeln (17.06.2011)
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,768913,00.html
© SPIEGEL ONLINE 2012
Alle Rechte vorbehalten